Stand 18.12.2019
Die Halbierung der Pestizide, deutlich mehr Öko-Landbau und mehr Lebensräume: Baden-Württemberg hat einen ambitionierten Gesetzentwurf gegen das Arten- und Höfesterben auf den Weg gebracht. Zu diesem Ergebnis kommt der Trägerkreis des Volksbegehrens Artenschutz – „Rettet die Bienen“ und hat einstimmig beschlossen, den von den Ministern präsentierten Gesetzentwurf für mehr Artenschutz als Alternative zum ursprünglich gestarteten Volksbegehren zu akzeptieren. Daraus folgt, dass die Mobilisierung für das Volksbegehren, die seit dem 15. Oktober ruht, nicht wieder aufgenommen wird.
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„Das Volksbegehren war ganz eindeutig die Initialzündung für die Debatte zum Thema Artenschutz in den vergangenen Wochen“, sagt Johannes Enssle.
„Sie hat aber auch zu einer Polarisierung zwischen einigen Vertretern der Landwirtschaft und der Gesellschaft geführt, die wir durch den jetzigen Kompromiss hoffentlich beilegen
können.“
Für die Entscheidung des Trägerkreises waren zwei Punkte entscheidend:
„Die eigentliche Arbeit beginnt aber jetzt erst“, sagt Johannes Enssle. „Wir werden sehr nachdrücklich darauf achten, dass die Zusage der
beiden Minister und der Landtagsfraktionen eingehalten und aus diesem Gesetzentwurf jetzt schnellstmöglich und ohne Verwässerungen ein Gesetz wird.“
Dazu werden die Organisationen des bisherigen Trägerkreises weiter zusammenarbeiten. „Wir werden“, sagt Brigitte Dahlbender, „die Landesregierung im Frühjahr daran
messen, ob sie den heutigen Entwurf in seiner jetzigen Substanz durchs Parlament gebracht hat.“
(nabu Landesverband)
Volksbegehren Artenschutz – Rettet die Bienen (NABU-Mitteilung und BNN vom 16.10.19)
Die Initiatoren und Unterstützer des Volksbegehrens gehen auf das Dialogangebot der Landesregierung ein. Anstatt Unterschriften für das Volksbegehren zu sammeln, wird gemeinsam mit der Landesregierung an einem Gesetzentwurf gearbeitet. „Wir gehen den Weg, den die Landesregierung aufgezeigt hat mit, wenn die Eckpunkte der Landesregierung bis Mitte Dezember in konkrete Maßnahmen gegossen sind und Bauernverbände, Imkerverbände und Regierungsfraktionen sich ebenfalls hinter diese Eckpunkte stellen, sagte BUND-Landeschefin Brigitte Dahlbender. „Wir wollen, dass den Worten nun Taten folgen.“ Die Einigung auf einen Alternativentwurf wird wahrscheinlicher. Der Regierungsentwurf soll nun inhaltliche Ziele des Volksbegehrens übernehmen, aber umstrittene Passagen entschärfen. Ein Pestizidverbot soll es demnach nur in Naturschutzgebieten geben, nicht in sämtlichen Schutzgebieten. Das Verbot soll ab 2022 gelten. Ein regelmäßiger Austausch von Bauern- und Naturschutzverbänden sowie Ministerien soll etabliert werden.
Mit diesem Dialog ist das Volksbegehren noch nicht vom Tisch. Bis Mitte Dezember werden diesbezügliche Aktivitäten (Unterschriftensammlung, Infostände und entsprechende Veranstaltungen) eingestellt. Bis dahin wird klar sein, ob die Verhandlungen zu einem akzeptablen Erfolg führen. Faule Kompromisse wird es nicht geben.
"...So haben wir diese Woche zusammen mit Vertreterinnen und Vertretern anderer Landwirtschafts- und Umweltverbände auf Einladung von Umwelt- und Landwirtschaftsministerium zum
zweiten Mal am Runden Tisch gesessen, um das Eckpunktepapier zu einem konkreten Gesetzentwurf zu entwickeln.
Die Ziele und Werte des Eckpunktepapiers werden nicht mehr nach unten aufgeweicht.
Deswegen finden wir: Es lohnt sich weiter, die aktive Mobilisierung zum Volksbegehren ruhen zu lassen und zu schauen, ob die Landesregierung nun in den nächsten Wochen das Eckpunktepapier wie
versprochen zu konkreten Gesetzestexten weiterentwickelt. Daran wirken wir tatkräftig mit.
Johannes Enssle blickt optimistisch in die Zukunft: „Wir hoffen, dass sich auch die Bauernverbände bewegen und diesen gesamten Prozess nicht als Bedrohung sondern als große Chance
für einen neuen Gesellschaftsvertrag begreifen können.“
„Viele Tier- und Pflanzenarten sind von Ackergiften, Nahrungsmangel und Biotopverlust bedroht. So stehen beispielsweise über die Hälfte der 460
Wildbienenarten Baden-Württembergs auf der Roten Liste. Das Insektensterben hat dramatische Ausmaße angenommen.
Seit über 120 Jahren setzt sich der NABU für den Naturschutz ein; leider konnte der Artenschwund bisher nicht wirksam aufgehalten werden. Im Volksbegehren Artenschutz "Rettet die Bienen" sieht
der NABU jetzt eine große Chance für den Naturschutz in Baden-Württemberg.“ (NABU-Landesverband)
„Der Gesetzesentwurf wurde vom Innenministerium geprüft und als einwandfrei freigegeben. Leider kursieren aktuell auch viele Fehlinformationen und
Falschaussagen zum Volksbegehren.
Es wäre fatal, wenn das Volksbegehren zerredet würde und dadurch der Erfolg getrübt wird. Die Details zur Umsetzung werden im späteren Verfahren entschieden. Deshalb sind die Aussagen vieler
Landwirte, sie seien dadurch in ihrer Existenz bedroht haltlos. Klar ist aber auch, es muss sich etwas ändern in der Art und Weise, wie wir mit unserer Kulturlandschaft umgehen. Das Volksbegehren
ist hier ein wichtiger Impuls und erzeugt den (leider) notwendigen Druck, um die dringend erforderlichen Veränderungen zu ermöglichen.“ (NABU)
Am Ende soll es zwei Gewinner geben, die Artenvielfalt und die Landwirtschaft. Es gibt viele Faktoren, die für den Artenschwund verantwortlich sind. Das Thema muss von seiner ganzen Komplexität
her angefasst werden. Jeder Einzelne, die Politik, die Landwirtschaft, Kommunen und Verbände können ihren Beitrag leisten. Wenn der Artenschwund ungebremst weiter geht, werden unsere
Lebensgrundlagen zerstört. Die Ursachen müssen konkret benannt werden, wie Klimaänderung, Flächenverbrauch und Versiegelung, Überdüngung, Monokulturen sowie hoher Einsatz von Pflanzenschutz- und
Insektenvernichtungsmitteln. Auch das Konsumverhalten steht auf dem Prüfstand. Es gibt bereits viele gute Gesetze und Verordnungen, Ge- und Verbote, die aber mitunter lasch gehandhabt,
aufgeweicht sowie aus Bequemlichkeitsgründen beiseitegeschoben werden.
Der Gesetzentwurf steht im Anschluss als PDF-Datei zur Verfügung. Die Unterschriftslisten liegen in den Rathäusern ab 18.10.2019 aus. Auch bei unseren Veranstaltungen kann unterschrieben werden. Die Ortsgruppe Karlsbad/ Waldbronn des NABU steht hinter den Aktivitäten und wir bitten Sie, durch Ihre Unterschrift das Vorhaben zu unterstützen.
Die Stellungnahme erschien in den BNN am Mittwoch, 09.10.19. „Als Knackpunkt des Gesetzentwurfs hat der Regierungschef die von den Initiatoren des Volksbegehrens gewünschte Neufassung des Paragrafen 34 des Naturschutzgesetzes ausgemacht. Sie sieht ein weitgehendes Verbot des Einsatzes von Pestiziden auch in Schutzgebieten vor. Kretschmann erinnert daran, dass rund ein Drittel aller landwirtschaftlichen Nutzflächen in solchen Schutzgebieten liege. Nach ersten Erhebungen der Landesregierung ist die Erteilung von Ausnahmegenehmigungen nicht praktikabel. Man kann den Gesetzentwurf nicht über ein globales Ausnahmeregime heilen, betonte der Ministerpräsident“ (BNN)
Dass sich hier Herr Kretschmann gegen den Gesetzentwurf stellt, macht betroffen und sprachlos und wirft sehr viele Fragen auf. Hat er bessere Lösungen für den Artenschutz? Wir sind gespannt. Andererseits motiviert das auch um so mehr, sich für das Volksbegehren einzusetzen.
Wenn man die BNN verfolgt (zuletzt am Montag, 14.10.19) hat man den Eindruck, dass der Widerstand gegen das Volksbegehren in letzter Zeit überwiegt. So formulierte der Vorsitzende des Kreisbauernverbandes Karlsruhe seinen Widerstand, unterstützt von der ZG Raiffeisen. Herr Kunz unterstellt den Initiatoren des Volksbegehrens, Einseitigkeit und eine oberflächliche Herangehensweise und vergisst dabei, dass es ein „weiter so“ nicht geben kann, ohne unsere Lebensgrundlagen zu gefährden, ohne den Artenschwund zu stoppen. Er malt Gefahren an die Wand und schürt Ängste (Existenzgefährdung der Bauern, Verlagerung der landwirtschaftlichen Produktion ins Ausland mit all den Folgen …). Die Gegner wollen nun einen Volksantrag gegen das Bienenvolksbegehren auf den Weg bringen, anstatt gemeinsam mit den Initiatoren nach Gemeinsamkeiten und Lösungen für die Zukunft zu suchen.
Auf die Feinheiten des Gesetzentwurfs und die dazugehörigen Erläuterungen wird durch den Bauernverband nicht eingegangen. Es wird unterschlagen, dass Details zum Gesetzentwurf erst später entschieden werden.