Auswertung der Artenaufnahme auf den Streuobstwiesen südlich und südwestlich von Karlsbad-Spielberg von Januar – Oktober 2022
Die Beobachtungen und Dokumentationen erfolgten durch
Eva Kübler (Vögel)
Bernd Miggel (Pilze, Flechten, Moose)
Peter Schullerer (Schmetterlings-Fachmann, Artenaufnahme - Nachtfalter an einer Lichtfalle am 10,09.2022)
Gerold Franke (Pflanzen, Insekten, sonstige Tiere)
Das Vorkommen von 526 Arten wurde dokumentiert
Die Artenaufnahme erhebt keinerlei Anspruch auf Vollständigkeit. Das wäre selbst einem Team von Fachleuten unmöglich. Es fehlen besonders nachtaktive Arten, Kleinlebewesen und Tiere, die im Erdreich leben sowie einige Tierarten, die auf ihren Zügen nur wenige Stunden auf den Flächen verweilen.
Wir haben unser Ziel erreicht, einen aussagekräftigen Artenquerschnitt darzustellen und zu zeigen, welche Artenfülle es gibt und welche Bedeutung der Naturschutz hat.
Die Beobachtungen zeigen, dass es eine beeindruckende Artenvielfalt gibt, jedoch in den letzten 10 Jahren die Zahl der Individuen vieler Arten spürbar rückläufig ist. Besonders bei Insekten ist das zu beobachten.
Die Beobachtungen zeigen außerdem, dass Klimawandel, das Wetter 2022 und die teilweise intensivere Bewirtschaftung ihre Spuren hinterlassen und das Gleichgewicht in der Natur gestört ist. Dies zeigen auch die erstmals über einen längeren Zeitraum beobachteten sehr zahlreichen Weißstörche (gezählt südlich von Spielberg 24 Störche auf Futtersuche bei einer Begehung) – auf den Spielberger und angrenzenden Flächen brüten keine Weißstörche. Bei Futterknappheit kommen besonders aus der Rheinebene Jungstörche in unser Gebiet. Hier gibt es Nahrung und keine Revierkämpfe.
Insekten finden bei Trockenheit und Hitze bei großflächiger Mahd nur noch wenig Nahrung. Das sollte noch mehr beachtet werden.
Eine besondere Artendichte ist dort feststellbar, wo verschiedene Biotope aufeinandertreffen – Mischwald/ Streuobstwiese, Gehölzstreifen/ Streuobstwiese und Gärten/ Streuobstwiese. Das zeigt die Bedeutung einer Biotopvernetzung und muss im Fokus der zukünftigen Entwicklung und Gestaltung stehen.
Positiv zu vermerken ist die Zahl der Funde von seltenen, geschützten Arten und von Arten, die auf der Roten Liste von Deutschland und der Roten Liste von Baden-Württemberg zu finden sind. Leider wird diese Liste immer länger.
Hervorzuheben sind hier folgende Funde:
(Abkürzungen: Rote Liste RL, Deutschland D, Baden-Württemberg BW, Gefährdung: V = Vorwarnstufe, 3 = gefährdet, 2 = stark gefährdet, 1 = vom Aussterben bedroht)
- Hermelin (Rote Liste D – Gefährdungskategorie – Daten unzureichend)
- Halbkupfriger Eckschild-Prachtkäfer (RL D 2, RL BW 3)
- Zottiger Bienenkäfer (RL D 3)
- Gemeiner Bienenkäfer (RL D 3)
- Kirsch-Prachtkäfer (RL D 2, RL BW 3)
- Haarschildiger Halsbock (RL D und BW 3)
- Schwarzflockenblumen-Weichwanze (RL D 3)
- Schwalbenschwanz (RL D und BW ungefährdet, BW besonders geschützt und im Aufnahmegebiet selten)
- Blaues Ordensband (RL D und BW V, besonders geschützt)
- Kleiner Perlmuttfalter - Issoria lathonia (RL BW V)
- Dunkler Wiesenknopf-Ameisen-Bläuling (RL D V, BW 3)
- Kurzschwänziger Bläuling (RL D und BW V)
- Kleiner Feuerfalter (RL BW V – besonders geschützte Art in BW)
- Ampfer-Grünwidderchen (RL D V, BW 3)
- Sumpfhornklee-Widderchen (RL D und BW 3)
- Ackerwinden-Bunteulchen (selten, RL D und BW ungefährdet)
- Karden-Sonneneule (RL D ungefährdet, RL BW Vorwarnstufe)
- Dickkopf-Langhornschwebfliege (RL D 2)
- Kleine Wolfsfliege (RL D 2, auf den Beobachtungsflächen 2022 noch häufig)
- Hornissen-Raubfliege (RL D 2)
- Goldene Schwebfliege – Callicera spinolae (RL D 1)
- Knautien-Sandbiene (RL D 3, BW V)
- Großes Zweiblatt (RL D und BW ungefährdet, aber geschützt und stellenweise selten)
- Echtes Tausendgüldenkraut (RL D und BW ungefährdet, aber selten und geschützt)
- Großer Wiesenknopf (RL D V, RL BW ungefährdet) – starker Rückgang der Bestände in Deutschland
- Wiesen-Silge (Wiesen-Silau) (RL D V, RL BW ungefährdet mit dem Verweis, regional Art der Vorwarnliste)
- Purpurbrauner Filzröhrling (Xerocomus silwoodensis) bestimmt durch B. Miggel; wahrscheinlicher Erstnachweis für Deutschland, erste Artbeschreibung 2007 in Großbritannien, nicht aufgeführt in den Roten Listen
- Bluthänfling (RL D 3)
- Wendehals (RL D 3)
- Mehl- und Rauchschwalbe (RL D 3)
- Wiedehopf (RL D 3)
- Rotmilan (RL D V)
- Feldsperling (RL D V)
- Pirol (RL D V)
- Weißstorch (RL D V)
- Goldammer (RL D V)
Die Bewirtschaftung der Streuobstwiesen ist teils extensiv, teils kann man sie bereits fast schon als intensiv bezeichnen. Das Liegenlassen von Schnittgut auf einigen kleineren Flächen wirkt sich negativ auf die Artenvielfalt aus. Auf einigen Teilflächen ist der Obstbaumbestand überaltert, es erfolgen dort auch kaum noch Obstbaumschnitte und Fallobst bleibt liegen. Unverständlich erscheint eine großflächige 2. Mahd (bis auf ca. 3 cm Wuchshöhe) bei wochenlanger Hitze und Dürre zu Ende Juli 2022. Dies passierte auf Flächen, wo bereits nach der 1. Mahd zu Ende Mai reichlich blühende Pflanzen zu finden waren, besonders der Große Wiesenknopf, wichtig als Nahrungsquelle und Entwicklungsort für den Dunklen Wiesenknopf-Ameisenbläuling. Der besondere Schutz gilt nicht nur dem Falter an sich, sondern auch dem Biotop (Art im Anhang IV der FFH-Richtlinie). Die 2. Mahd vor dem 01. September sorgt dafür, dass eine kommende Faltergeneration ausbleibt. Besser ist eine Mahd ab der zweiten Septemberwoche. Hier gibt es eine besondere Verantwortung für die Landwirte und alle zuständigen Stellen. Bei der Größe der Mahdflächen und Mahdzeiten gilt es einen Kompromiss zu finden zwischen den wirtschaftlichen Interessen und dem Erhalt der Artenvielfalt.
Große Bedeutung hat ein Baumbestand auf den Wiesen, wo neben jungen Bäumen auch alte Bäume mit Baumhöhlen und abgestorbenen Ästen und Totholz zu finden sind. Das ist die Voraussetzung für die Entwicklung seltener und geschützter Käfer, Hautflügler und Zweiflügler, wie z.B. die Goldene Schwebfliege (Callicera spinolae). Der Bestand ist sehr wichtig für die Erhaltung der Artenvielfalt und wir hoffen, dass dies Beachtung findet.